Der letzte namentlich bekannte Überlebende der NS-Todesmärsche in die Altmark vom April 1945 starb im Alter von 97 Jahren
Die Mitarbeitenden der Gedenkstätte Gardelegen trauern um Albert van Dijk. Wie wir erfahren haben, starb er am 9. Oktober 2021 im Alter von 97 Jahren in seiner niederländischen Heimatstadt Kampen.
Dort wurde Albert van Dijk am 5. Juli 1924 geboren. Nach seiner Schulzeit entschied er sich für eine kaufmännische Ausbildung an einer Handelsschule.
Nach seiner Teilnahme an Krawallen gegen die deutschen Besatzungstruppen wurde er im November 1942 verhaftet und zur Zwangsarbeit nach Allendorf verschleppt. Nachdem er sich dort unerlaubt von seinem Arbeitsplatz entfernt hatte, wurde er im Januar 1943 als Häftling in KZ Buchenwald deportiert.
Ein Jahr später, im Januar 1944, wurde er ins damalige Buchenwalder Außenlager Dora überstellt. Dort musste er mehrere Monate durchgehend im Stollen leben und schwere körperliche Zwangsarbeit leisten. Im Sommer 1944 wurde Albert van Dijk ins Außenlager Nüxei gezwungen. Als KZ-Häftling der SS-Baubrigade III musste er erneut schwere körperliche Zwangsabeit für den Bau einer Eisenbahnlinie verrichten.
Bei den mörderischen Räumungstransporten und Todesmärschen im April 1945 geriet Albert van Dijk in einen Transportzug, der nach einem alliierten Luftangriff in der Altmark bei Letzlingen kurz vor Gardelegen ungeplant zum Stehen kam. Nach einem ersten erfolglosen Fluchtversuch trieben ihn Angehörige von SS und Wehrmacht sowie lokale Volksstumleute zusammen mit anderen KZ-Häftlingen zu Fuß weiter über die Elbe in Richtung Osten. Da er nicht zu den Häftlingen gehörte, die von Letzlingen aus nach Gardelegen und am Abend des 13. April 1945 in die Isenschnibber Feldscheune getrieben wurden, blieb er vom dortigen Massaker verschont.
Nach einem erneuten Fluchtversuch versteckte ihn eine russische Zwangsarbeiterin auf einem Bauernhof, bis ihn dort schließlich sowjetische Truppen befreiten. Im Herbst 1945 kehrte er in seine niederländische Heimat zurück.
Dort verbrachte er den Rest seines Lebens und arbeitete bis zu seiner Pensionierung im Verwaltungsdienst. 1946 heiratete er und gründete in den darauffolgenden Jahren eine Familie mit sechs Söhnen, 14 Enkeln und mehreren Urenkeln.
Oft besuchte Albert van Dijk Deutschland und berichtete vor Schulklassen und bei öffentlichen Veranstaltungen über seine persönlichen Erinnerungen an die KZ-Haft. Zudem verfasste er schriftliche Erinnerungsberichte und gab mehrere Zeitzeugen-Interviews für Medien und Gedenkstätten. Auch in der Dauerausstellung der Gedenkstätte Feldscheune Isenschnibbe Gardelegen kommt Albert van Dijk als Zeitzeuge zu Wort.
Unser tiefes Beileid und Mitgefühl gilt allen seinen Familienangehörigen und Freunden. Wir sind dankbar, dass wir Albert van Dijk kennenlernen und ihm mehrere Male begegnen duften. In der Gedenkstätte Gardelegen werden wir ihm dauerhaft ein ehrendes Andenken bewahren.